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"Die Palästinensische Autonomiebehörde und die Hamas aus einer innerpalästinensischen Perspektive"

Vortrag und Diskussion mit Bassem Eid
Menschenrechtsaktivist, TV-Journalist, Ost-Jerusalem

Weiter unten finden Sie einen Bericht und das Video zur Veranstaltung.

 
Wo: Humboldt Universität zu Berlin, Unter den Linden 6, Raum 2002 (1.OG)
Wann: Mittwoch 31. Januar 2018 um 19 Uhr


Moderation: Michael Spaney, Executive Director des Mideast Freedom Forum Berlin

Veranstaltung in englischer Sprache

Bassem Eid ist ein bekannter palästinensischer TV-Journalist und Menschenrechtsaktivist mit einer bemerkenswerten Sichtweise auf den Nahostkonflikt und die palästinensische Politik. Er wurde 1958 im von Jordanien kontrollierten Ostteil Jerusalems geboren und verbrachte die ersten 33 Jahre seines Lebens im Flüchtlingscamp Shuafat im Norden  Jerusalems. Unter anderem war er als Menschenrechtsaktivist bei B’tselem tätig und hat die Organisation Palestinian Human Rights Monitoring Group (PHRMG) gegründet. Seit 2003 ist er für das israelische Fernsehen als Analyst und Kommentator für palästinensische Politik tätig. Seine kritische Perspektive auf die Palästinensische Autonomiebehörde und die in Gaza herrschende Hamas wird er am 31. Januar an der Humboldt-Universität um 19 Uhr vorstellen.

Im Anschluss Wine & Cheese.

Diese Veranstaltung ist eine Kooperation des Mideast Freedom Forum Berlin und der Hochschulgruppe der Deutsch-Israelischen Gesellschaft, Berlin and Brandenburg.

 

 

„Es kommt allein auf uns Israelis und Palästinenser an. Auf niemanden sonst!“

Der bekannte palästinensische Menschenrechtsaktivist, Politikberater und TV-Moderator Bassam Eid sprach am 31. Januar auf Einladung der Hochschulgruppe der Deutsch-Israelischen Gesellschaft Berlin und Brandenburg e.V. und des Mideast Freedom Forum Berlin an der Humboldt Universität zu Berlin über den palästinensisch-israelischen Konflikt, BDS und warum die Hilfszahlungen an die UNWRA und die Palästinensische Autonomiebehörde den Konflikt nur zementieren, statt ihn zu lösen.

Bassem Eid wurde 1958 im palästinensischen Flüchtlingslager Shuafat im damals jordanisch besetzten Ost-Jerusalem geboren und engagiert sich seit Jahrzehnten als Menschenrechts-aktivist in Israel und den palästinensischen Autonomiegebieten. Er war unteranderem bei der bekannten NGO B’tselem tätig und gründete die Organisation Palestinian Human Rights Monitoring Group (PHRMG). Seit 2003 ist er für das israelische Fernsehen als unabhängiger Analyst und Kommentator für palästinensische Politik tätig.

Seinen Vortrag an der Humboldt Universität eröffnete Eid mit einem Überblick über die jeweiligen Interessen der unterschiedlichen Konfliktparteien im palästinensischen-israelischen Konflikt. Dabei wies er auf die entscheidende Rolle Ägyptens für die Situation in Gaza hin. Dem arabischen Nachbarland sei die islamistische Terrororganisation Hamas ein Dorn im Auge, unterstütze diese doch andere islamistische Milizen auf der ägyptischen Sinai-Halbinsel. Durch eine entsprechend strenge Kontrolle der Grenze zu Gaza wolle Ägypten die regierende Hamas unter Druck setzten und langfristig destabilisieren, damit die Palästinensische Autonomiebehörde (PA) unter ihrem derzeitigen Präsidenten Mahmud Abbas wieder die volle Kontrolle über die Enklave am Mittelmeer übernehmen könne. Hilfe könnten die Bewohner Gazas deswegen auch nicht von der PA erwarten. Diese setze wie Ägypten auf ein Versagen der Hamas. Demgegenüber stehe schließlich auch Israel, das grundsätzlich Interesse an einem Wiederaufbau der durch die Militäroffensive von 2014 zerstörten Gebäude in Gaza hätte, vor dem Problem, dass die Hamas dringend benötigtes Baumaterial lieber zum Ausbau ihrer militärischen Infrastruktur nutze, als der Bevölkerung Gazas zukommen zu lassen.

Anschließend wandte sich Eid den innerpalästinensischen Konflikten zu. Den zuletzt nach Außen demonstrierten und durch ein neues Abkommen unterstrichenen Einigungswillen der größten palästinensischen Parteien Fatah und Hamas hält Eid für eine mediale Inszenierung. In den letzten Jahren habe die Welt sechs solcher Vereinbarungen gesehen und nichts habe sich an der gegenseitigen Feindschaft beider Gruppen geändert. Dadurch verlören beide Parteien immer weiter an Rückhalt in der Bevölkerung. Es herrsche insgesamt ein starkes Misstrauen gegenüber der palästinensischen Führung, die mehr um ihr eigenes Fortkommen interessiert sei, als an einer Verbesserung der Situation ihrer Bevölkerung. Statt einem unnachgiebigen Dauerkonflikt mit Israel sehnten sich die meisten Palästinenser heute vor allem nach einem sicheren Job, einem festen Einkommen, einer guten medizinischen Versorgung und einer zukunftsreichen Ausbildung ihrer Kinder.

Abschließend kritisierte Eid den Versuch europäischer und nordamerikanischer Campus-Gruppen als Teil der sogenannten BDS-Bewegung (Boycott, Divestment and Sanctions) Einfluss auf den palästinensisch-israelischen Konflikt zu nehmen. Tatsächlich würde der Versuch israelische Waren zu boykottieren lediglich zur Zerstörung tausender palästinensischer Arbeitsplätze führen und damit geradezu dem Gegenteil entsprechen, was die palästinensische Bevölkerung heute verlange. Die BDS-Kampagne sei deswegen ein selbstgefälliges Unternehmen, das sich zwar als Teil einer Lösung des palästinensisch-israelischen Konfliktes verstehen möchte, in Wirklichkeit aber die Palästinenser zu Geiseln einer von Grund auf falschen politischen Strategie nehme. Ganz ähnlich verhielte es sich mit internationalen Organisationen wie der United Nations Relief and Works Agency for Palestine Refugees in the Near East (UNRWA). Die ursprünglich 1949 ins Leben gerufene UN-Institution zur Koordinierung von Hilfsleistungen für palästinensische Flüchtlinge zementiere nach Eid den Konflikt nicht nur ein, sondern hätte heute selbst ein Interesse an dessen Fortbestand, um weiterhin hunderte Millionen Dollar an internationalen Hilfsgeldern zu beziehen.

Ein zentrales Problem sieht Eid auch in der Einmischung anderer Staaten in den Konflikt. Der schädliche Einfluss des Irans und Katars sei offensichtlich. Aber auch die internationalen Zahlungen an die Palästinensische Autonomiebehörde seien höchst problematisch. Er macht dabei klar: Solange die Zuwendungen der Europäischen Union und ihrer Mitgliedstaaten unkonditioniert gewährt würden, könne sich am fatalen Status quo der palästinensischen Gebiete nichts verändern; im Gegenteil. Wolle man tatsächlich eine Lösung für den palästinensisch-israelischen Konflikt voranbringen und die Lebensbedingungen der palästinensischen Bevölkerung grundlegend verbessern, dann müsse man die Hilfszahlungen an die Palästinensische Autonomiebehörde an demokratische und friedliche Grundbedingungen knüpfen. Die PA müsse sich endlich von Gewalt und Hass distanzieren und sich zu einer friedlichen Koexistenz mit Israel und einer demokratischen Öffnung nach Innen verpflichten. 

Eid ist sich sicher: Die Einmischung anderer Staaten in den Konflikt müsse genauso zurückgedrängt werden wie der destruktive Einfluss von BDS-Gruppen und internationalen Institutionen wie der UNWRA. Eine friedliche Lösung könne nur vor Ort gefunden werden. Schließlich komme „es allein auf uns Israelis und Palästinenser an. Auf niemanden sonst!“.

Alexander Steder
Historiker und Politikwissenschafter, Universität Marburg/ Mideast Freedom Forum Berlin